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DER MUTIGE

Seven Pines Resort auf Ibiza, Schloss Roxburghe Hotel in Schottland, Indigo Berlin und Dresden oder die Hamptons by Hilton: Olaf Kitzig sitzt in der Provinz – und gestaltet Räume in aller Welt.

Ich versuche, Gäste mit meinem Interiordesign an der Tür abzuholen, ihnen das Gefühl zu geben, hier bist du willkommen“, sagt Olaf Kitzig.


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In der Lobby des neuen Seven Pines Resorts an der Westküste Ibizas kommen Gäste in einer Lounge-Landschaft an, zu der ein Velourledersofa sowie gigantische Ledersitzkissen gehören. Das neue Resort soll die Landschaft und die Natur Ibizas reflektieren. Fernab der Partystrände verkörpert das Seven Pines am Rande eines Pinienwalds eine ruhigere Seite der spanischen Urlaubsinsel.

Hinter dem 5-Sterne-Resort steht die Düsseldorfer 12.18. Unternehmensgruppe, die das Seven Pines zu einer internationalen Hotelmarke entwickeln will. Die Hotelvisionäre verwandelten das bestehende All-Inclusive- Feriendorf in 186 moderne Luxussuiten. Die öffentlichen Bereiche wurden neu gebaut. Kitzigs Unternehmen, Kitzig Interior Design, entwickelte die Lobby, das Pure Seven Spa mit Yoga- und Fitnessstudio sowie die Restaurants Cone Club und The View, unmittelbar an der Klippe. Kitzig, der bereits mehrere Projekte für 12.18. realisierte, entwarf auch die Außenbereiche: „Wir haben die Innenarchitektur quasi nach außen gedreht, weil das Leben auf Ibiza mehr draußen als drinnen stattfindet.“ Darüber hinaus ließ Kitzig sich bei der Innengestaltung davon inspirieren, was die Region hergibt: die Felsinsel Es Vedrà, das Mittelmeer, Algen und Fische. So besteht die Wandtäfelung hinter der Rezeption beispielsweise aus vielen kleinen Messingelementen: „Die Wand mit dem Seven- Pines-Logo ist schlussendlich ein Fisch; modern interpretiert, sodass man erst auf den zweiten Blick merkt, dass das Schuppen sind.“ Statt plakativem Storytelling möchte Kitzig mit seinem Design subtiler von der Insel erzählen. Kontraste und überraschende Elemente haben sich als Kitzigs Handschrift etabliert. Dabei geht der Interiordesigner kreativ und analytisch vor.

„Ich finde nichts unerotischer, als Filet zu braten.“

Ursprünglich stammt Kitzig aus einer Gastronomen-Familie, sein Vater war Koch. In seiner Jugend verbrachte er viel Zeit in der Küche. Nach westfälischer Familientradition sollte auch seine Zukunft am Herd liegen. „Ich finde aber nichts unerotischer, als Filet zu braten“, so Kitzig. Stattdessen findet er heraus, dass es ihm Freude bereitet, die Teller zu garnieren. Außerdem entdeckt er bereits als Kind eine Leidenschaft für Textilien und Mode. Seine Großmutter brachte ihm das Nähen bei. Auch Räume und Farben reizen ihn seit jeher. Mit 16 Jahren zog Kitzig aus und machte bei einem Restaurateur eine Ausbildung zum Maler und Lackierer. Hauptsache, er muss nicht Koch werden. Hat Kitzig Mut? „Ich glaube, das ist einer meiner größten Fehler. Ja. Ich habe Mut. Immer schon.“

Während seiner Lehrjahre lernte Kitzig vieles, worauf er bis heute zurückgreift; von Blattvergoldung bis zu Messedesign. Während seiner Zeit auf Malta importierte und restaurierte er Antiquitäten. Im Zivildienst inspirierte ihn die Herausforderung, Farben und Formen behindertengerecht zu gestalten. Er arbeitete als Schaugewerbegestalter auf der Düsseldorfer Kö, anschließend war er im internationalen Möbelhandel und später als Einrichtungsfachberater unter anderem in London, Canterbury und Georgia tätig. Hauptsache, nicht Westfalen.

Vor 20 Jahren kehrte er schließlich zurück und machte sich mit ein paar Tausend Mark als Interiordesigner selbstständig. In einer alten Scheune in Lippstadt, mit großem Zeichenbrett, dafür ohne Heizung. Mittlerweile steuert er von seinem Büro aus Innenarchitektur- und Architekturprojekte in aller Welt, am liebsten Hotels. Sein Unternehmen Kitzig Design Studios – dazu gehören Kitzig Interior Design, Kitzig Identities und Kitzig Details – beschäftigt rund 80 Mitarbeiter an den vier Standorten Lippstadt, Bochum, München und seit neuestem Düsseldorf.

Freiheit beim Entwerfen

Neunzig Prozent der Entwürfe kommen noch immer aus seiner Feder. Materialien haben für ihn einen hohen Stellenwert, sodass Kitzig seit 2017 eigene Textilien, Teppiche, Tapeten und Möbel entwickelt. „Die Möbel entwerfe zu hundert Prozent ich“, sagt er. Was bereitet ihm die meiste Freude am Möbelentwerfen? „Die Freiheit“, antwortet er und fügt hinzu: „Man kann noch mehr auf Details eingehen und das macht ein Konzept rund, gefälliger und einzigartig.“

Ein richtungsweisender Schub auf dem Weg zum internationalen Designstudio kam für Kitzig, als er für Accorhotels ein Dutzend Häuser in Russland entwarf. „Der Wendepunkt für uns war, auf einmal intensiv im Ausland zu arbeiten“, sagt er. „Zu verstehen, wie Menschen in anderen Ländern bauen und auf Architektur reagieren, das ist anstrengend, aber das ist Leben pur. Und die Projekte in Russland waren erst der Anfang.“

Zurzeit arbeitet Kitzig wieder an einem Projekt im Ausland, wieder mit 12.18.: Die Modernisierung und Erweiterung des historischen Schloss Roxburghe Hotels in der schottischen Grafschaft Roxburghshire, an der Grenze zu England. „Schottland ist traumhaft. Landschaftlich völlig unberührt, es ist irre“, ist der Designer begeistert. „Das Schloss ist von innen so schön, das müssen wir nur auf einen aktuellen Stand bringen, um die Qualität zu erhalten“, so Kitzig zu seinem Konzept für das Haupthaus. LED-Beleuchtung soll die Stuckarbeiten wie Kunstwerke in Szene setzen. Insgesamt 40 verschiedene Textilien unterstreichen den historischen Charme. In der nächsten Phase entsteht noch ein Anbau mit 60 Zimmern, Spa und Tagungsräumen. Und nach dem Bau von 60 weiteren luxuriösen Cottages wird das Luxushotel mit Golfplatz ingesamt 312 Betten haben. „Im Neubau wollen wir mit Emotion die Kombination aus klassisch und modern schaffen“, sagt Kitzig. Die Sportangebote ringsum haben die Gestaltung des Hauses beeinflusst: „In der Gegend kann man Golfen, Jagen, Wandern, und abends in stilvollem Ambiente toll essen“.

Kitzig ist ein Kopfarbeiter. Er reist viel, er reflektiert viel. Besonders Mode inspiriert den Designer, der sich gern ausgefallen kleidet – manchmal im selbstentworfenen Sakko, meist im aufgeknöpften Hemd. Vor einem neuen Projekt schaut er sich lieber die neue französische Mode an, als das Hoteldesign von Kollegen. „Mode bietet mir einen größeren Input.“

Design sei für ihn immer ein Spiegel der Zeit, der Kultur, der politischen Situation am Standort. Deshalb faszinieren ihn Gesellschaftsstudien: „Ich bin kein Philosoph, aber wie entwickeln wir uns? Wonach gelüstet es uns? Und warum wollen wir das im Moment? Dieser Wandel beeinflusst die Innenarchitektur. Die Gesellschaft macht das Design“, so der Westfale.

100 Hotels gestaltet

Zirka 100 Hotels hat Kitzig bis dato entworfen. Zu den Highlights gehört das Hotel Indigo Berlin, das die Hotelgruppe IHG Anfang des Jahres eröffnete. Er gestaltete das 900 Quadratmeter große Boutique-Hotel mit 118 individuell eingerichteten Zimmern und einer spektakulären Rooftop-Bar. Inspiriert von der Street-Art der East Side Gallery will Kitzig im Industrial-Style die Geschichte der Nachbarschaft erzählen – mit derben Materialien wie unverputzten Backsteinwänden, Ledersesseln oder Dekoration aus Schwemmholz. An der Rezeption steht mitten im Raum ein Stück Berliner Mauer. In der Lobby schreiben überdimensionale Letterskulpturen „ICKE“. Hier ist man Berliner.

Im Januar öffnete außerdem das Hotel Indigo Dresden mit 132 Zimmern. Auch dort bestimmen Gegensätze Kitzigs Design: Barockelemente treffen auf Industrie-Charme. Das Muster des Fischgrätparketts in dem geschichtsträchtigen Altbau zieht sich durch das gesamte Design des Boutique- Hotels. Es geht zum Beispiel im Restaurant an den Wänden weiter. Außerdem spielen die unverputzten Ziegelwände auf die raue Seite des Dresdner Industriegeländes an.

Für Hampton by Hilton wurde Kitzig Interior Design jüngst mit der Markenneuentwicklung für Hampton by Hilton beauftragt. Dafür schuf das Büro gerade ein Konzept für Hotels in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika. „Neu ist dabei, dass die öffentlichen Bereiche verschmelzen“, so Kitzig. Ohne Türen gehen Co-Working-Plätze, Lounge, Bar und Meeting-Spaces offen ineinander über. Die Zonierung erfolgt nur über Tapeten, Stoffe und Teppiche, die bestimmte Flächen bewußt hervorheben. Das Farbkonzept – Kitzig nennt es Feel-Good-Farben – und das Zoning werden dann künftig lokal auf die Häuser abgestimmt.

Er ist ständig „on“

Und wie sieht es bei den vielen Projekten mit der Work-Life-Balance aus? Das sei so eine Sache, gibt Kitzig zu. „Ich bin ein großer Freund von Life, das muss nicht unbedingt in Balance sein.“ Allerdings gesteht der Designer: Da sich sein Werdegang aus seinen Leidenschaften zusammengeknüpft habe, mache er nichts, ohne „on“ zu sein, und ohne zu arbeiten. Er sei immer der eine Mensch, allerdings mit vielen Facetten. „Ich entwerfe im Kopf, das ist Fluch und Segen zugleich. Als kreativer Mensch setze ich mich nicht einfach hin und entwerfe. Die Ideen sprudeln oftmals aus mir heraus, während ich mit Alltag beschäftigt bin.“ Bringt er ein Design zu Papier, so zeichnet der 47-Jährige nur mit dem Stift, nicht am Computer. Trotz vieler Projekte steht Kitzig gern selbst auf der Baustelle: „Staub, Dreck, finde ich super.“

Privat geht Kitzig als Vater mit derselben Kompromisslosigkeit vor wie als Designer. Er ist präsent und stets „on“. Seine Söhne (6 und 12) hätten ihm ein neues Gefühl dafür gegeben, was wichtig und was unwichtig ist. „Für meinen 6-jährigen Sohn geht die Welt unter, wenn bei seinem Playmobilmännchen der Kopf abbricht. Das zeigt so schön, wie relativ alles ist.“

Zur Person

Olaf Kitzig ist 1971 in Lippstadt geboren. Mit 17 begann Kitzig eine Ausbildung zum Maler und Lackierer. Er absolvierte zusätzlich eine Ausbildung zum Schauwerbegestalter. Im Anschluss war Kitzig als Einrichtungsfachberater im internationalen Möbelhandel sowie anschließend in der Einrichtungsberatung unter anderem in London, Malta und Georgia/USA tätig. 1998 machte er sich mit der eigenen Firma Kitzig Interior Design – Architecture Group in seiner Heimatstadt Lippstadt selbstständig. Ende 2017 folgte eine Neustrukturierung: Kitzig gründetet die Management Holding Kitzig, Design Studios, die drei Büros bündelt.

TEXT: SANDRA HENDERSON

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AHGZ – Das Magazin für Bau, Design & Technik
Ausgabe 01 | 19
Ort Stuttgart
Verlag https://www.ahgz.de/hoteldesign/