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Luxusküchen
Prestige am heimischen Herd
Im Luxussegment sind Küchen längst Vorzeige- und Wohnräume. Die Ansprüche der Kundschaft sind entsprechend hoch.
Eine Zeit lang plante Olaf Kitzig auf Anfrage auch nur Küchen. Heute macht der Interior-Designer und Gründer des Kitzig Design Studios das nicht mehr. „Mindestens Küche, Wohn- und Esszimmer müssen aus einem Guss kommen“, sagt er. Seine Auftraggeber sind Menschen mit hohem Budget, oft Eigentümer von Luxusimmobilien.
Luxus in der Küche bedeutet vor allem Individualität. Statt ein Modell von der Stange mit begrenzter Auswahl an Oberflächen, Farben und vordefinierten Schränken zu wählen, sind im Premiumsegment kaum Grenzen gesetzt. „Wir haben auch schon eine Küche mit integriertem Kühlhaus für einen passionierten Jäger geplant und umgesetzt“, erzählt Kitzig. Doch selbst wenn mit entsprechendem Budget fast alles möglich ist, zeigen sich auch in der Spitzenklasse klare Vorlieben und Trends. „Einerseits beobachten wir einen großen Drang nach Individualisierung, andererseits die immer gleichen Einrichtungsbilder auf Instagram und Pinterest“, sagt er.
Mit solchen oder KI-generierten Bildern kommen auch viele Kunden zu Tobias Hück, Gründer des Tischler Team Düsseldorf. Der Handwerksbetrieb plant und baut hochwertige Küchen, die meist bei rund 50.000 Euro beginnen. Typisch sind Kombinationen aus Naturstein- oder Keramik-Arbeitsplatten, matten Fronten und Akzenten aus Naturholz. Beliebt ist derzeit vor allem der Modern-Skandi-Look – ein zurückhaltender Stil mit dezenten Farben. Manche bevorzugen eine moderne Landküche, andere eine puristische Variante. Unabhängig vom Stil gilt stets: Die Küche soll möglichst wenig nach Küche aussehen. „Sie wird immer mehr zum Möbel“, sagt Hück. Gerade erst plante er für einen Kunden aus Neuss eine Küche, bei der die Arbeitsfläche in eine Sitzbank und diese wiederum in einen Wandschrank übergeht.
Damit der praktische Teil der Küche möglichst unauffällig bleibt, setzen die meisten auf grifflose Schränke, verzichten auf Hängeschränke und wählen Kochfelder mit integriertem Dunstabzug statt einer Haube. Geräte wie Kaffeemaschinen, Öfen und Dampfgarer verschwinden hinter sogenannten Pocket-Türen. Sind diese geschlossen, sieht man nur die Schrankfront. Beim Öffnen gleiten die Türen seitlich in den Korpus, stehen nicht im Weg und geben den Blick auf einen gut zugänglichen Schrank frei.
„Must-haves in einer Luxusküche sind ein Weinkühlschrank, ein Wasserhahn, der fast kochendes und sprudelndes Wasser liefert, sowie ausfahrbare Schränke“, sagt Michael Brinkjost, Gesamtvertriebsleiter beim Luxusküchenhersteller Eggersmann. „Keiner will mehr Schränke mit Einlegeböden – alles ist mit Schubladen und Auszügen ausgestattet.“ Die Smart Kitchen, also internetfähige Geräte und die Einbindung ins Smart Home, spiele bei seinen Kunden dagegen kaum eine Rolle. „Wichtiger ist, dass die Küche am Ende einzigartig ist. Wenn jeder den gleichen smarten Ofen hat, ist das dann noch Luxus?“ fragt Brinkjost.
Neben Optik und Technik spielt in der Küche auch die Haptik eine zentrale Rolle, sagt Roger Klinkenberg, Geschäftsführer des Küchenherstellers Pronorm. „Es kommt den Kunden auf Optik und Emotion an. Das beginnt bei den Materialien und Farbkombinationen und schließt die Haptik mit ein.“ Beliebt für Arbeitsplatten sind deshalb Natursteine wie Travertin oder Granit. Soll es Keramik sein, muss sie in Haptik und Optik dem Naturstein möglichst nahekommen. Ebenfalls gefragt als Akzent zu dunklen Materialien ist gebürstetes Messing. Auch Edelstahl erlebt ein Comeback. Beton und Betonoptik dagegen verlieren laut Klinkenberg an Popularität.
Bei all den optischen Wünschen und Feinheiten stellt sich die Frage: Spielt die Funktion noch eine Rolle?
„Auf jeden Fall“, sagt Interior-Designer Olaf Kitzig. „Das Kochen auf verschiedenen Medien ist zum Beispiel ein häufiger Wunsch, um sich kulinarisch entfalten zu können. Also bauen wir oft Küchen mit Induktion, Gasherd und zusätzlichem Wok-, Teppanyaki- oder Grillfeld ein.“
Und es gibt noch einen weiteren Unterschied zum gewöhnlichen Hausbesitzer: „Wer den nötigen Platz hat, baut sich heute gern eine zweite Küche im Untergeschoss oder verborgen hinter der offenen Küche ein.“ Sinn und Zweck: Menschen, die große Partys feiern oder regelmäßig Gäste bewirten, können dort ungestört kochen und vorbereiten. Wenn die Gäste eintreffen, wird die Tür geschlossen und das Chaos verschwindet. „In der Vorzeigeküche werden dann nur noch die Teller angerichtet oder ein paar letzte Kniffe vorgenommen“, sagt Kitzig.
Trotz aller Überlegungen und Raffinessen steigert eine Luxusküche den Immobilienwert nicht. „Die Küche ist ein so individuelles und persönliches Thema bei den Deutschen“, sagt der Interior-Designer. „Da muss dem Käufer nur die Farbe nicht gefallen, und schon ist sie für ihn wertlos. Die meisten lassen sich eine Küche nach ihren persönlichen Wünschen einbauen.“ Wer seine Küche plant, sollte sich daher ausschließlich an den eigenen Vorstellungen orientieren – nicht am möglichen Wiederverkaufswert.
Handelsblatt
Ausgabe 181 | 19. September 2025
Ort Düsseldorf, Deutschland
Verlag Handelsblatt GmbH https://www.handelsblatt.com/